HANS RHEINFELDER (1929-31)

 

 

Geb. 15.2.1898 Regensburg, gest. 31.10.1971 München. In Landau in der Pfalz aufgewachsen, studierte Rh. nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg, den er als Pionier in Nordfrankreich und Belgien mitgemacht hatte, ab 1919 Romanistik und Anglistik in Würzburg und München, lernte jedoch auch Hebräisch, Sanskrit und Russisch. Seine akademischen Lehrer waren Karl Vossler, Leo Jordan, Eugen Lerch und Josef Schick. Nach dem Staatsexamen 1921 bekleidete er auf Vorschlag Vosslers bis 1929 das Deutschlektorat an der Kgl. Universität in Rom. Hier entstand seine wortgeschichtliche Dissertation über die Bedeutung von 'persona' im Französischen und Italienischen des Mittelalters (Das Wort "Persona": Geschichte seiner Bedeutungen mit besonderer Berücksichtigung des französischen und italienischen Mittelalters, Halle 1928) , die 1926 von Arthur Franz und Adalbert Hämel in Würzburg angenommen wurde. In Rom, wo er seine Studien am Deutschen Historischen Institut, der Biblioteca Hertziana und in der Vatikanischen Bibliothek fortsetzte, entstand auch seine Habilitationsschrift, in der er die lexikalischen Reflexe der Liturgie in den romanischen Sprachen untersuchte (Kultsprache und Profansprache in den romanischen Ländern: Sprachgeschichtliche Studien zum Wortschatz des Französischen und Italienischen, Genf/Florenz 1933). Rh. reichte seine Arbeit 1929 bei Hanns Heiß in Freiburg ein und wurde im gleichen Jahr an der Albert-Ludwigs-Universität zum Privatdozenten ernannt. Bereits zwei Jahre später wurde er als Extraordinarius an die Seite seines verehrten Lehrers Karl Vossler nach München berufen und zugleich zum Vorstand des Maximilianeums bestellt, dessen Zögling er als Student selber gewesen war. In der NS-Zeit hatte er es als bekennender Christ nicht leicht, zumal er auch nach der Machtergreifung im Maximilianeum am katholischen Tischgebet festhielt und den 'Deutschen Gruß' aus dem Gebäude verbannte. 1935 wurde er abgesetzt und verlor seine Dienstwohnung, wogegen er bei Reichsaußenminister Konstantin Freiherr von Neurath protestierte, den er während seiner Lektorenzeit in Rom kennengelernt hatte, jedoch vergebens. Nach dem Krieg trug er wesentlich zum Aufbau der bayerischen Universitäten bei, zunächst als Hochschulreferent (1947-53) und danach bis 1958 als persönlicher Berater des bayerischen Kultusministers. 1955 gründete er den Deutschen Romanistenverband, dem bis zum Mauerbau auch die Romanisten aus der DDR angehörten. Bereits 1949 war Rh. als Nachfolger von Walter Goetz zum Präsidenten der ehrwürdigen Deutschen Dante-Gesellschaft gewählt worden, in der er sich wie auch im Romanistenverband darum bemühte, die innerdeutsche Spaltung zu verhindern. Rh. war ein energischer Wissenschaftsorganisator, zugleich jedoch verbindlich und ausgleichend, dazu ein engagierter Hochschullehrer, der eine große Zahl von Schülern ausbildete. Rh. las und lehrte Sprach- und Literaturwissenschaft und überblickte noch den französischen, italienischen, portugiesischen und spanischen Kulturkreis. Eine lange Südamerikareise führte ihn 1955 in alle Länder des Subkontinents, wo er in 75 Tagen fast alle Länder besuchte und über 30 Vorträge hielt. Seit 1956 war Rh. Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Für Rh. war die Sprachgeschichte zugleich Geistesgeschichte, wobei er sich insbesondere auf die Beziehungen zwischen Semantik und Theologie konzentrierte. Ein bleibendes Nachschlagwerk schuf er mit der zweibändigen Altfranzösischen Grammatik (München), deren erster Teil, die mehrfach aufgelegte Lautlehre, bereits 1936 erschien. Die Formlehre kam 1967 heraus, als der Autor bereits vier Jahre emeritiert war. Seine literaturwissenschaftlichen Interpretationen galten vor allem Dante, Camões, Pascal, Lamartine, den italienischen Lyrikern des 19. Jh.s oder der Chilenin Gabriela Mistral. Stets versuchte Rh., die dichterische Form zu entschlüsseln und von da her den Sinngehalt der Texte verständlich zu machen.

Lit.: Frank-Rutger Hausmann, in: NDB (ersch. 2002).


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