FRIEDRICH SCHÜRR (1919-25, 48-58)

 

 

Geb. 9.6.1888 Wien, gest. 24.8.1980 Konstanz. Er studierte in Wien bei Meyer-Lübke, Becker, Josef Strzygowski u. Joseph Minors Romanistik, Kunstgeschichte u. Germanistik. Nach der Promotion wurde er 1914 Supplent an der Staatsoberrealschule in Triest und unternahm mehrere Studienreisen in die Romagna. 1915 wurde er an der Reichsuniversität zu Straßburg Italienischlektor bei Oskar Schultz-Gora und konnte 1918 im Auftrag der Wörterbuchkommission der Bayr. Akademie der Wissenschaften und in Verbindung mit der Preußischen Phonogrammkommission Aufnahmen in den italienischen Gefangenenlagern machen. Nach Kriegsende wurde er 1919 Italienischlektor in Freiburg. Aufgrund der frühzeitigen Emeritierung Baists wurde er von dessen Nachfolger Heiss über Romagnolische Dialektstudien (Sitzungsberichte der Wiener Akademie 188, 1917-19) kumulativ habilitiert. Zunächst Sprachwissenschaftler, Mundartforscher und Sprachgeograph, wurde er durch seinen Habilitationsvater auch zur Literaturgeschichte geführt und hat zu mehreren 'großen' Klassikern (Dante, Cervantes, Unamuno, die Existentialisten u.a.) publiziert und wichtige Kapitel von Walzels Handbuch verfaßt. 1925 wurde er in Freiburg zum a.o. Professor ernannt, nahm aber ein Jahr später einen Ruf nach Graz an. Stationen in Marburg (1936-40), Köln (40-41) - dort erhielt er eine von zwei italianistischen Vertragsprofessuren aufgrund des deutsch-italienischen Kulturabkommens - und Straßburg (41-44) folgten. Nach dem Krieg wurde er 1948 Lehrbeauftragter in Freiburg und blieb dies bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1958, obwohl er ab 1950/51 zusätzlich als Direktor das Romanische Seminar der Philosophisch-theologischen Hochschule in Regensburg, die später zur Universität erweitert wurde, aufbaute. Schürr wurde vor allem durch seine Theorie der romanischen Diphthongierung bekannt, die nicht nur im Widerspruch zu v. Wartburgs Substrat- bzw. Superstrattheorie stand, sondern auch zu der seit den Anfängen der romanischen Sprachwissenschaft von den vielfach überschichteten französischen Verhältnissen auf die anderen Sprachen angewandten Lehrmeinung. Aufgrund seiner Verdienste um die Erforschung des Romagnolischen und die Edition des romagnolischen Epos Pulon Matt wurde er Ehrenbürger von Ravenna und Mitglied im 'Tribunato dei vini di Romagna', was eine besonders hohe Auszeichnung für einen Nicht-Ravennaten darstellte.

Lit.: Friedrich Schürr, „Wie ich Romanist wurde“, in: Carinthia I, 158, 1968, S. 116-135; Frank-Rutger Hausmann, 'Vom Strudel der Ereignisse verschlungen'. Deutsche Romanistik im 'Dritten Reich', Frankfurt a.M. 2000, S. 736.


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