Wissenschaftliche Leitung: Henning Hufnagel (Freiburg/Salzburg), Barbara Kuhn (Eichstätt), Christian Rivoletti (Erlangen-Nürnberg)
Im Bereich der Literaturwissenschaft besitzt der Kategorienbegriff Relevanz in einer Reihe von Arbeitsfeldern, die im Fokus der Sektion stehen können. Insbesondere sollen sowohl diejenigen Kategorien diskutiert und – auch an neuen Beispielen – erprobt werden, die seit je im Mittelpunkt der Debatten standen, die in den letzten Jahren neu definiert oder modifiziert wurden, als auch diejenigen Kategorien, die in jüngerer Zeit erst neu entwickelt und in die Diskussion eingeführt wurden.
Unsere Aufmerksamkeit wird sich daher zunächst den Kategorien zuwenden, die eine kritische Gesamtperspektive definieren oder die die Herangehensweise an literarische Phänomene prägen und ihre Interpretation lenken. Einige von ihnen, obwohl sie bereits seit einigen Jahrzehnten zum kanonisch gewordenen Inventar der Literaturtheorie gehören, waren (auch in jüngster Zeit) Gegenstand neuer Überlegungen und ständiger Neudefinitionen. Dies ist der Fall bei Kategorien wie etwa ‘Transkulturalität’/‘Interkulturalität’ oder ‘Transmedialität’/‘Intermedialität’.
Ein zweites großes Arbeitsfeld sind die historisch-literarischen Kategorien, die sich mit Problemen der Periodisierung befassen und nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen Werken verschiedener Autoren und Genres suchen. Wenn es stimmt, dass die Versuche Konzepte wie Klassik, Renaissance, Manierismus, Barock, Aufklärung, Romantik zu definieren, nie zu dem gewünschten Ergebnis führen können, sind sie doch „oft dadurch interessant , daß jemand in der Diskussion einen neuen Gesichtspunkt vorbringt und damit zur Bereicherung unserer Vorstellungen beiträgt“ (Erich Auerbach, Epilegomena zu Mimesis, 1953). Die Arbeit an einer Periodisierung bedeutet auch, den Kanon literarischer Autoren zu konstruieren und zu rekonstruieren, was wiederum wichtige Auswirkungen auf die Methodologie hat. In diesem Sinne sind Vorschläge willkommen, die, ggf. anhand von Analysen und Interpretationen einzelner Texte, zum Nachdenken anregen über seit langem bestehende Kategorien, die, vielleicht auch wiederholt, hitzig diskutiert wurden (man denke zum Beispiel an die im Vergleich zum deutschen und französischen Raum oft diskutierten Kategorien der „italienischen Romantik“ oder des „Hermetismus“ in der Lyrik). Ebenso willkommen sind Beiträge, die darauf abzielen, die Effizienz von in jüngerer Zeit vorgeschlagenen Kategorien auszuloten oder ihre Grenzen zu präzisieren, etwa die des ‘Modernismus’ (was für einige Autoren eine Aufgabe oder zumindest eine Neudefinition des ‘Dekadentismus’ bedeutet), des ‘Neomodernismus’, der ‘Postmoderne’/des ‘Postmodernismus’, der ‘Hypermoderne’ (oder andere Kategorien, die eine Charakterisierung der gegenwärtigen Phase versuchen).
Ein drittes Feld betrifft die Ausarbeitung, Überarbeitung, bisweilen auch Kombination von Kategorien, die literarische Gattungen und Untergattungen definieren. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: In den letzten Jahrzehnten war die Theoretisierung und Anwendung neuer Kategorien zu konstatieren, wie zum Beispiel ‘Biofiction’, ‘Autofiction’, ‘Selbstporträt’ und ähnlicher oder hybrider Genres wie ‘Dokufiction’, ‘Roman-Essay’, ‘Tatsachenroman’ – Kategorien, die meist für Werke der Gegenwartsliteratur verwendet wurden, obwohl es an Anwendungsbeispielen in historischen Kontexten nicht fehlt.
Einen vierten und letzten Bereich stellen diejenigen Kategorien dar, die das Instrumentarium für die Analyse und Interpretation des literarischen Textes umfassen. Auch auf diesem Gebiet hat es in jüngster Zeit nicht an Interventionen gefehlt, die darauf abzielen, sowohl die Definition und die Validität gängiger Kategorien auf den Prüfstand zu stellen (man denke etwa an die regelmäßig wieder aufgenommene Diskussion um die Unterscheidung zwischen Autor und Erzähler, die nicht nur zeitgenössische Texte, sondern auch Texte aus dem Mittelalter, der Renaissance oder anderen näheren und ferneren Epochen betrifft), als auch, und sei es tentativ oder hypothetisch, neue Kategorien vorzuschlagen.
Es werden gleichwohl auch Beitragsvorschläge zu anderen als den hier beispielhaft genannten Bereichen für jedes der vier Arbeitsfelder berücksichtigt. Neben Beiträgen, die darauf abzielen, eine oder mehrere Kategorien auf theoretischer Ebene und mit angemessenen Verweisen auf Autoren und Texte zu diskutieren, sind auch Arbeitsvorschläge zu einzelnen Figuren oder Werken der italienischen Literatur willkommen, mit der Absicht, deren Zuordnung zu einer bestimmten Kategorie durch die bisherige Forschung (ganz oder teilweise) in Frage zu stellen.