Ein paar Worte zum Katalanischen...


Emblem Catalunya / KatalonienDas Katalanische (català) gehört zu den romanischen Sprachen und wird dabei im Allgemeinen der Iberoromania zugerechnet. Zutreffender wäre wohl, es als Brückensprache zwischen Gallo- und Iberoromania zu bezeichnen. Katalanisch wird heute von ca. 6 Mio. Menschen als Muttersprache gesprochen, etwa nochmals dieselbe Zahl von Personen hat tagtäglichen (mehr oder minder passiven) Kontakt mit der Sprache. Das Sprachgebiet, das unter dem Begriff der Katalanischen Länder (Països catalans) zusammengefaßt wird, umfaßt dabei im einzelnen:

* auf spanischem Territorium

* das Staatsgebiet Andorras, wo das Katalanische alleinige offizielle Landessprache ist

* auf französischem Territorium:

* auf italienischem Territorium

Katalanisch und seine VarietätenDas Katalanische ist eine Sprache mit reicher literarischer Tradition. Über seine Geschichte schreibt K.H.Röntgen: "Mit dem Jahr 218 v.Chr. beginnt die römische Eroberung der iberischen Halbinsel. Überwiegend römische Veteranen siedeln im Gebiet des späteren Katalonien und ihre Sprache, das Lateinische, wird zur Grundlage des Katalanischen. Durch Zerfall des Weströmischen Reiches und im Zuge der großen germanischen Völkerwanderungen sind es die Westgoten, die vom 5.-7.Jh. weite Teile der Halbinsel beherrschen. Im 8.Jh. erobern die Araber das Land. Aber schon 785/803 werden Girona und Barcelona befreit. Durch die Heirat Ramon Berenguer IV., Graf von Barcelona, mit der Thronerbin Petronila von Aragon vereinigen sich die Grafschaft Barcelona und das Königreich Aragon 1137 zur "Krone Aragon". Im Laufe der "Reconquesta" erobern katalanische Heere, vor allem unter Führung von Jaume I. el Conqueridor, zwischen 1229 und 1235 die Balearen und 1238 València. In den nachfolgenden Jahrhunderten erlangt die Krone Aragon eine Vormachtstellung im westlichen Mittelmeer, Katalanisch ist in jener Zeit verbreitete offizielle Verwaltungssprache. Nach dem Tod des letzten Grafen von Barcelona (1410) wird Ferdinand von Antequera aus dem kastilischen Geschlecht der Trastàmara durch den "Kompromiß von Caspe" (1412) neuer König der Krone Aragon. Die ersten, z.T. noch fragmentarischen katalanischen Texte stammen aus dem 12.Jh. Begründer der katalanischen Schrift- und Prosasprache war der Philosoph, Wissenschaftler und Schriftsteller Ramon Llull (lat. Raimundus Lullus, 1235?-1316?). Durch ihn, der als erster ein relativ reines Katalanisch schrieb, wird das Katalanische zur ersten romanischen Sprache, in der philosophische und wissenschaftliche Abhandlungen geschrieben wurden. Die Zeit zwischen 1350 und 1500 kann als das Goldene Zeitalter der katalanischen Literatur gelten. Die bedeutendsten Schriftsteller dieser Zeit sind Bernat Metge (1346?-1413) mit seinem Werk "Lo Somni", Joanot Martorell (1414?-1468) mit seinem Roman "Tirant lo Blanc" und Ausiàs March, der sich als erster katalanischer Poet wirklich vom Okzitanischen löst.

Nach der Heirat (1469) der sog. "Katholischen Könige" Isabella von Kastilien und Ferdinand II. von Aragon kommt es 1479 zur Vereinigung der Krone Aragon mit dem Königreich Kastilien, wodurch sich das Kastilische (Spanische) auf Kosten des Katalanischen ausbreiten konnte. Aufgrund des nun folgenden kulturell-literarischen Niedergangs wird die Zeit zwischen dem 16. und 18.Jh. auch als "Decadència" bezeichnet. Der spanisch-französische Krieg führte im Pyrenäenfrieden von 1659 zur Abtretung der nordkatalanischen Gebiete, vor allem des Rosselló (frz. Roussillon). Wenig später verliert Katalonien unter dem im Spanischen Erbfolgekrieg siegreichen Philipp V. seine Autonomie und das Katalanische wird als offizielle Sprache erstmals verboten; ein Verbot des Katalanischen als Kirchen- und Unterrichtssprache folgte.

Im 19.Jahrhundert jedoch, begünstigt durch die europäische Romantik, kommt es zu einer Renaissance des Katalanischen, der "Renaixença", deren Beginn Bonaventura Carles Aribau mit seiner Ode "La Pàtria" markiert (1833). Herausragender Vertreter der Renaixença war zweifellos Jacint Verdaguer (1845-1902) mit seinen Hauptwerken "L'Atlàntida" (1877) und "Canigó" (1886). Gegen Ende des Jahrhunderts entstehen neue Stilrichtungen wie Naturalismus, Modernismus und Noucentismus. Das Katalanische wird nun in allen literarischen Gattungen verwandt. Ab 1907 wird eine Sprachreform, eine Fixierung und Normierung der katalanischen Schriftsprache durchgeführt. Pompeu Fabra (1868-1948) vereinheitlicht die katalanische Orthographie und Grammatik. Nach Errichtung der zweiten spanischen Republik (1931) wird Katalonien wieder autonom (bis 1939), das Katalanische wieder offizielle Sprache. Durch den Sieg Francos im Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) erlischt die katalanische Autonomie erneut, das Katalanische wird abermals verboten. Seit dem Tod Francos (1975) hat sich die Situation Kataloniens und des Katalanischen indessen entscheidend verändert. Aufgrund der neuen spanischen Verfassung konnte Katalonien 1979 seine Autonomie zurückerlangen, und das Katalanische wurde wieder (neben dem Kastilischen) offizielle Sprache in Katalonien." (K.H.Röntgen, Einführung in die katalanische Sprache, 3.Aufl., Bonn 1990, pp.7-10 [gekürzt und leicht verändert])

Manche Sprachwissenschaftler möchten das Katalanische und das nördlich angrenzende Okzitanische zu einer Sprachgruppe zusammenfassen, wofür sich vor allem historische Gründe anführen ließen. Der Okzitanist Pierre Bec hat deshalb das Konzept eines "okzitano-romanischen Diasystems" eingeführt, dem die verschiedenen okzitanischen und katalanischen Varietäten zuzurechnen seien. Das katalanische Sprachgebiet wird in zwei große Varietätengruppen ("Dialektgruppen") unterteilt, in das West- und das Ostkatalanische. Grundlage der Normierung Pompeu Fabras und auch heute die durch die katalanischsprachigen Medien am weitesten verbreitete Varietät ist das (Ost-)Katalanische des Umlands von Barcelona. Zwar gibt es zahlreiche regionale und lokale Untergliederungen des katalanischen Varietätenraums und auch weitere regionale Standards für das Valencianische und das Mallorquinische; die dialektalen Unterschiede sind jedoch eher gering, und die Einheit der katalanischen Sprache in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet steht, rein linguistisch betrachtet, außer Frage. Vor allem im País Valencià gibt es allerdings immer wieder Tendenzen von sprachlichen Sezessionismus, wobei von militanten "valencianistes" für ihr (westkatalanisches) Idiom der Status einer eigenständigen Sprache postuliert wird. Dabei handelt es sich jedoch um eine rein (sprach- und kultur-)politisch motivierte Forderung, die sprachwissenschaftlich und historisch nicht zu stützen ist.

Trotz soziolinguistisch nicht optimaler Voraussetzungen (so sind die Katalanischen Länder ein starkes Zuwanderungsgebiet für nicht-katalanischsprachige Spanier) befindet sich das Katalanische in einer vor allem sprachpolitisch günstigen Situation und ist die bislang am besten im Bildungswesen und in den Medien verankerte Minderheitensprache im spanischen Staat (zu diesen zählen daneben das Baskische, Galicische und das aranesische Okzitanisch sowie - mit anderem, weit ungünstigerem Status - das Aragonesische und Asturianische). Obwohlnach Klassenstufe und Region unterschieden werden muß, ist in Katalonien doch bereits in bis zu 75 % der Schulen Katalanisch nicht nur Unterrichtsfach, sondern (häufig einzige) Unterrichtssprache. An den katalanischen Hochschulen dominiert das Katalanische deutlich. Schlechter sieht es natürlich in den übrigen Katalanischen Ländern aus, besonders im País Valencià, noch düsterer dagegen im zu Frankreich gehörenden Nordkatalonien, wo das Katalanische als "langue ethnique" nur freiwilliges Wahlfach in bestimmten Schulen ist. In den zu Spanien gehörenden Regionen ist das Katalanische auch in den Medien präsent: Es gibt zahlreiche vollständig auf Katalanisch erscheinen Tageszeitungen, so etwas die in Barcelona erscheinenden Blätter AVUI und El Periòdic und die Zeitung Diari de Balears auf den balearischen Inseln. Sowohl in Katalonien (mit TV3) als auch im País Valencià (mit Canal 9) gibt es katalanische Fernsehprogramme. Die geringste Wirkung hat die in den Katalanischen Ländern mit je unterschiedlichem Impetus eingeschlagene Politik der sprachlichen Normalisierung des Katalanischen im wirtschaftlichen Bereich gezeigt, wo das Kastilische nach wie vor eindeutig dominiert.

Das Katalanische ist von allen Regionalsprachen des spanischen Staats diejenige mit der intensivsten Ausstrahlung ins europäische und überseeische Ausland, was nicht zuletzt auf eine aktive Politik internationaler Kultur- und Sprachverbreitung durch die katalanische Regierung (Generalitat de Catalunya) zurückzuführen ist. Katalanisch ist die einzige bei den Einrichtungen der Europäischen Union zum Gebrauch zugelassene Regionalsprache. Die Generalitat de Catalunya finanziert (teilweise oder ganz) weltweit ca.65 Lektoratsstellen für den Katalanischunterricht an Hochschulen (die größte Zahl von Lektoraten unter allen von dieser Maßnahme begünstigten Ländern weist übrigens die Bundesrepublik Deutschland auf).


Um mehr über das Katalanische zu erfahren...

Einführende Literatur zu Katalonien und der katalanischen Sprache (insbesondere für Deutschsprachige):

Um Katalanisch zu lernen (Selbstlernkurse, Grammatiken, Wörterbücher etc., insbesondere für Deutschsprachige):

Institutionen, Forschungseinrichtungen, WWW-Dienstleistungen:

Romanistische Fachverbände für katalanische Sprach- und Literaturwissenschaft:


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